Freitag, 23. Dezember 2011

Das Fest der Liebe

Einiges aus der Zeit, in der die Menschen in den heutigen Industrieländern noch mit der Natur lebten, sei verschwunden, und viel Anderes sei hinzugekommen, so schreibt ein Doktor in einer Zeitschrift. Weihnachten sei aber nicht, wie so manches in unserer Zeit, einfach wegrationalisiert worden. Ein Funken Hoffnung für den Industrielandsmenschen? Auch die Finanzkrise sei aus einem Mangel an Besinnung und Gesinnung herausgewachsen. Aber wer hat heute noch Zeit für sowas, Besinnung, bei all der Arbeit und den Geldsorgen? Vom Geist zu sprechen ist tabu. Sehen kann man ihn ja nicht, keine Maschine zeigt sein Gesicht, wie soll es ihn geben!?

Der Kalender ist eine Lebensordnung aus dem Weihnachten noch nicht gestrichen wurde. Sie muss auch nicht pompös sein. Auch trotz aller Fehlentwicklungen ist alle Jahre wieder Weihnachten, zum Frieden mit allen, die guten Willens sind, sowie zum Frieden mit dem Selbst. Liebe deinen Nächsten wie dich selbst, lautet eine alte Weisheit. Liebe deinen Nächsten nicht mehr und nicht weniger, nicht anders als dich selbst. Das Fest der Liebe hat überlebt, trotz äußerer Dinge und Geschehnisse. Es überlebt von innen her, mit einer Botschaft von innerem Frieden für alle Menschen, die guten Willens sind. Der Friede Gottes ist höher als alle Vernunft. Aus dem Inneren des Weihnachtsfestes, am Ende der tiefsten Dunkelheit leuchtet dieser Segenswunsch in die Herzen empfindsamer, gutwilliger Menschen.

Ein Pfarrer Nicolaus schrieb: Das Herz ist in der Bibel das Wesen des Menschen. Es ist der Ort, wo die Entscheidungen fallen oder schon gefallen sind, wo die Bewertungen ablaufen, wo Ehrsucht und Angst, aber auch Aufmerksamkeit und Zuversicht ihre Wurzeln haben. Der Frieden Gottes kann das Herz befrieden und bewahren. Er ist die Kraft, die aus dem Chaos stets wieder Kosmos schafft. Eine Auswirkung des Gottesfriedens im Herzen besteht darin, dass wir unseren Zugriff lockern und schließlich loslassen können, was wir erst (trotz schwindender Kräfte) unter allen Umständen festhalten wollten. Das Resultat ist Freiheit, ist Freude, ist frische Kraft und ein lustvolles Anwachsen von Dankbarkeit und Friedfertigkeit. Hältst du dich an etwas fest und willst es nicht loslassen?

Mir fällt es schwer mich vom Gedanken eines eigenen Willens zu lösen. Ich leide unter der Qual der Wahl. Sein oder nicht sein? Darf ich mich guten Willens für Gottes Wille entscheiden? In der Erkenntnis, dass nicht ich das Zentrum meiner kleinen Welt bin, sondern Gott das Zentrum eines unendlichen Universums ist, von dessen ich nur ein winziger Teil bin, liegt Trost. Diesem allmächtigen Gott kann ich winziges Lebewesen vertrauen, schließlich kümmert sich diese mysteriöse Macht um den Zyklus der Sterne umeinander, um der einzelnen Planeten Licht und Elemente, sowie dessen Leben bis ins kleinste subatomische Detail. Gewiss wird diese Kraft auch mich mit dem Wesentlichen versorgen, wenn ich ihr nur vertraue. Guten Willens, will ich nicht nur Weihnachten von meinen egozentrischen Neigungen loslassen. Wenn es nur so einfach wär…

Die eigentliche Wirkung von Weihnachten entstehe jedoch nicht aus der Bestätigung des Gottesfriedens, der Bekräftigung des inneren Friedens. Können Menschen überhaupt aus eigenem Willen, aus eigener Kraft zum Frieden kommen? Die Weihnachtsbotschaft sage auch nicht, der Mensch müsse zum Frieden kommen – sondern genau das Gegenteil dazu: der Frieden kommt zu den Menschen. Der Frieden kommt zu den Menschen die guten Willens sind. Alle Jahre wieder fordert Weihnachten auf, die einzige Bedingung zu erfüllen, um das allerwichtigste Geschenk: den Frieden zu erhalten. In der historischen Bilanz haben Menschen mehr Ungleichgewicht als Gleichgewicht, mehr Unrecht als Recht, mehr Unfrieden als Frieden erzeugt. Wie kann der Frieden zu den Menschen kommen? Menschen guten Willens seien Empfänger des Friedens, sagt der Zeitschriftdoktor.

Der Frieden ist auch schon zu mir gekommen, da war mein Herz offen und eine wunderbare Kraft floss durch mein gesamtes Wesen. Dann aber war der Kanal wieder wie verstopft von Ängsten und Sorgen, Ungewissheit, Selbstbesessenheit und Einsamkeit. Was war nur geschehen? Ich rückte ins Zentrum einer kleinen Welt in der ich verzweifelt versuchte die Fäden zu halten, Spinnwebenfäden. Die große Welt um mich herum wirkte dann nur noch kalt, chaotisch, beängstigend und böse.

„Nur wer des Menschen Angst versteht, begreift den Menschen ganz – in seiner Größe wie in den Facetten seiner ständigen Gefährdung“, hat ein Denker gedacht. An Weihnachten soll der Frieden: der Frieden Gottes zu den Menschen kommen: zu allen Menschen, die schon gescheitert, oder scheiternd, oder vom Scheitern bedroht und dennoch guten Willens sind – und bleiben. Weihnachten ist ein Fest für den inneren Frieden – zur Überwindung von Angst, von Chaos.

Ein Psychoanalytiker schrieb: „Unsere Kultur ist Merkmal wie auch Ausdruck einer Zivilisation, die der Leistung, dem Erfolg und dem Funktionieren um seiner selbst willen huldigt. Zugleich verdrängt sie die Ängste, die aus dieser Ideologie aufsteigen, indem sie die Angst vor dem Scheitern als Schwäche einstuft.“ In dem Verdrängen und Einstufen der Angst vor dem Scheitern sieht er die Ursachen von Hass und Gewalt – nach außen wie nach innen: „Wir leben in einer Welt, in der wir zunehmend voneinander abhängig sind, gleichzeitig uns vermehrt gegeneinander einsetzen. Zunehmend stellen sich Menschen gegen das, was sie miteinander verbindet, gegen das, was sie gemeinsam haben.“

Gemochtsein ist unendlich viel wichtiger als das Gemachtsein. Ich möchte gesund sein, ich möchte den Frieden empfangen, ich möchte lieben. Wenn Heilung erwünscht ist, könne die allgegenwärtige, aber stets verleugnete Angst in unserer Zivilisation klarer verstanden und möglicherweise mit gutem Willen, mit innerem Frieden geheilt werden. Der Psychoanalytiker empfiehlt über eine Kultur des Scheiterns nachzudenken um die Angst vor dem Scheitern zu überwinden. Scheinbar paradox (widersinnig) könne so angstfreieres, wirksameres, friedlicheres Leben entstehen.

Die Bereitschaft zum Frieden, die Bereitschaft zur Liebe, zum Glaube, zur Hoffnung und zum Vertrauen ist unendlich viel Wert. Die Bereitschaft von einem Kontrollwahn loszulassen könnte der Verstopfung im Herzen behilflich sein. Die Bereitschaft guten Willens zu sein, egal wie entmutigend die Umstände, könnte der Schlüssel zur Empfängnis Gottes Frieden sein. Im Gebet ist es einfach dem guten Willen für Gottes Frieden Ausdruck zu gewähren. Von einem Meister des Mittelalters habe ich ein einfaches Gebet gelernt, wenn nichts anderes in den Sinn kommen mag: DANKE. Gott ist immer zugänglich. Und von einer Gruppe Menschen die sich dem Empfangen von Frieden widmen, hilft mir oft ein anderes Gebet, wenn die Zeiten schwer sind und die Sorgen viele:

Gott, gib mir die Heiterkeit
jene Dinge zu akzeptieren, die ich nicht ändern kann.
Den Mut jene Dinge zu ändern, die ich kann.
Und die Weisheit den Unterschied zu erkennen.

Ein frohes Weihnachtsfest voller Besinnung, Frieden und Lebensfreude!
Ein frohes Fest der Liebe!

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